Rene Redzepi war der wohl der Erste, der einen extrem lokalen Ansatz bei der Beschaffung der Lebensmittel wählte und mit seinem inzwischen legendären Lokal “Noma” in die Welt hinaustrug. Damit entstand zwangsläufig eine neue Kultur des Fermentierens, Einweckens und Haltbarmachens von Gemüse, Obst und Pilzen, um diese auch ausserhalb der kurzen Erntezeit auf den Teller bringen zu können. Das ist exakt das Prinzip, dem das neue “Mural Farmhouse” in München folgt.
Schon früh war klar, dass das Restaurant einen besonderen Weg gehen würde. Auf dem Dach des Hotels Wunderlocke in Sendling, das das Mural Farmhouse beherbergt, entstand ein Gemüse- und Kräutergarten, aus dem die Küche kreativ schöpfen kann. Das ist „Farm to Table“ in Reinkultur. Auch wenn der Ertrag aufgrund der Beliebtheit des jüngsten Mitglied der Mural-Familie wohl nicht ausreichen wird, ist ein lokalerer Ansatz kaum mehr möglich, zumal der zusätzliche Bedarf bei Münchner Erzeugern gedeckt wird. Auch Fisch und Fleisch reisten nicht um die halbe Welt, um auf dem Teller zu landen, sondern kommen aus regionalen Gewässern und heimischen Weiden.
Das Restaurant an sich besticht mit einer ziemlich coolen Mischung aus Industrie-Ambiente und 70er-Jahre-Design, unterbrochen von grünen Pflanzenoasen. Das sieht nicht nur gut aus, mann sitzt auch äusserst bequem und gemütlich. Warmes Licht erhöht den Wohlfühl-Faktor noch zusätzlich und Isar-kiesel als Besteck-Bänkchen geben besonderen Lokalkolorit.
Das Besteck wird nicht nach jedem Gang gewechselt (Nachhaltigkeit!) und auch angeschlagenes Porzellan wird nicht einfach weggeworfen, sondern nach dem Kintsugi-Prinzip ausgebessert. Ein kleines, aber wichtiges Detail im ökologischen Konzept des Mural Farmhouse.
“Indem wir alles unter dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit betrachten, haben wir uns selbst herausgefordert, mit neuen Kochmethoden zu experimentieren. Dies hat zu einem einmaligen Menü geführt, das Saisonalität und lokale Zutaten in ihrer reinsten Form zelebriert.”
Rico Birndt, Küchenchef
Doch kommen wir zur Hauptsache, dem, was auf die Teller kommt. Der ambitionierte Küchenchef Rico Birndt, 29, stellt bei jedem Gang ein bestimmtes Produkt in den Mittelpunkt und das auf oft ungewöhnliche Weise. So wechseln die Gerichte auf der Karte je nach dem landwirtschaftlichen Produktangebot rund um München.
Das Ergebnis ist dabei geschmacklich immer perfekt und erinnert stark an die dänische Gourmet-Küche in Kopenhagen. Allerdings sehr viel günstiger, wie wir nach unserem Kurztrip in die dänischen Metropole aus eigener Erfahrung wissen.
Unterstützt wird jeder Gang durch die hervorragende Weinauswahl des Sommeliers Maxime Joly, der nicht nur seinen wunderbaren französischen Akzent, sondern auch eine äusserst anspruchsvolle Weinkarte pflegt. Natürlich auch hier alles bio und vieles „naturale“.
Ausgezeichnet – mit einem Michelin Stern!
Auch wenn das Mural Farmhouse in Obersendling in einer Ecke der Stadt liegt, die der verwöhnte Münchner nicht so gerne besucht, ist ein Essen dort unbedingt zu empfehlen. Schon die À-la-carte-Gerichte sind ein Traum, aber das 14-gängige Fine Dine-Menü schlägt alles und das zu einem für diesen Aufwand günstigen Preis von 120 Euro. Völlig verdient wurde das Mural Farmhaus nun mit einem Stern im Guide Michelin ausgezeichnet. Chapeau!
Mural Farmhouse, Gmunder Str. 27, 81379 München. Tel. 089 262 089 079. À la carte, Di bis So, 12 bis 14.30 Uhr und 18 bis 22.30 Uhr Fine Dine, Di bis Sa, ab 18.30 oder 19.30 Uhr. muralfarmhouse.de