Mit dem Begriff „Urus“ wird im Lexikon gemeinhin das Ur-Rind bezeichnet, das in rauer Vorzeit hochbeinig und kraftvoll durch Sümpfe und Wälder streifte. Und so kann man also bestens nachvollziehen, warum Lamborghini damit den perfekten Namen für seinen neuen Geländewagen gefunden hat.
Geländetauglicher Sportwagen
Er ist hochbeiniger als seine Sportwagenbrüder Huracan und Aventador, aber genauso kraftvoll. Und so nennt sich das erste SUV von Lamborghini nicht SUV, sondern SSUV (SuperSport Utility Vehicle). Es stimmt auch nicht so ganz, dass der Urus das erste geländetaugliche Fahrzeug der italienischen Herstellers war. Schon in den 80ern bauten sie, damals für die saudiarabische Armee, einen Geländewagen – den LM002.
Der Lamborghini LM002 als Objekt der Begierde
Da der Benzinverbrauch in den arabischen Ländern nicht gerade verkaufsentscheidend ist, bekam der LM002 den 12 Zylinder-Motor des Countach eingepflanzt. Nachdem der Auftrag aus der Wüste plötzlich storniert wurde, musste der Wagen für die westliche Kundschaft platziert werden. Nicht gerade ein leichtes Unterfangen; und so blieb es bei der Stückzahl (301 Stück), die die Saudis ursprünglich bestellt hatten. Lange fristete er ein eher unbekanntes Dasein, bis er schließlich von den Sammlern entdeckt wurde.
Aber zurück zum Urus. Ende Januar hatte ich auf der Europa-Premiere in München schon mal die Gelegenheit, das gute Stück in Augenschein zu nehmen. Der Sound, mit dem er auf die Bühne gerollt kam, war schon mal gigantisch. Den kennt man zwar aus dem Huracan, von dem der V8 Motor auch stammt, doch so eine aggressive Fanfare ist für Geländewagen eher untypisch.
Der Urus ist ein echter Lamborghini
Die Karosserie unterscheidet sich komplett von anderen SUVs wie X5/6 oder Audi Q7, auf dessen Chassis der Urus aufbaut. Breit sieht er aus; und man glaubt, Details von seinen Sportwagenbrüdern an der Karosserie zu erkennen. Obwohl der Urus abgerundeter gezeichnet wurde, wirkt er im Vergleich zu seinen Konkurrenten viel aggressiver. Ein echter Lamborghini eben!
Allerdings ist das Platzangebot hier ungleich größer als in den Sportwagen. Man sitzt durch die Höhe angenehmer, es ist locker Platz für vier Personen. Die Sportsitze bieten hervorragenden Seitenhalt. Mein Lieblings-Gimmick ist jedoch der im Schaltknauf platzierte Anlassknopf. Wie bei einem Kampfjet muss man dazu erst einen roten Schutzschalter umlegen, bevor man die Maschine aufheulen lassen kann. Eine bessere Show im Innenraum bietet kein anderer Wagen und schon gar kein SUV!
650 PS für 250.000 Euro
Jetzt stellt sich nur noch die Frage: Braucht es einen 250.000 Euro teueren und 650 PS starken Geländewagen? Aber hundertprozentig! Natürlich ist es unvernünftig, ein SUV zu bauen, das schneller als 300 km/h fährt, vom Spritverbrauch ganz zu schweigen. Doch diese Art Autos wird als Viert-oder Fünftauto sowieso kaum bewegt, und die wenigsten Urus werden jemals eine Rennstrecke zu Gesicht bekommen. Aber es ist sicher ein gutes Gefühl, dass man, wenn man denn wollte, etliche Sportwagen dort versägen könnte.
Das Geld für das Fahrzeug spielt für die meisten Käufer wohl auch eher eine untergeordnete Rolle. So ist der Urus für dieses Jahr bereits komplett ausverkauft. Wer also ein supersportliches und unvernünftiges SUV sucht, wer sich nicht daran stört, dass bei jedem Stopp Dutzende Handys gezückt und auf einen gerichtet werden, der sollte schnellstmöglich einen Termin beim Lamborghini Händler vereinbaren. Die Jahresproduktion von 3.500 Einheiten für 2019 wird wohl schnell vergriffen sein. Sonst muss man bis 2020 warten, ehe man seinen persönlichen Urus ausgeliefert bekommt. Und wer will denn solange warten?!?