Ich bin ein bekennender Italien-Fan und war schon in Apulien, im Veneto und in Kalabrien, kenne die Äolischen Inseln und sogar Pantelleria. In der Toskana und auf Sardinien war ich natürlich auch. Allein die Marken, die malerisch zwischen Adria und Apennin gelegen sind, hatte ich bisher nicht auf dem Schirm. Dabei ist die Region, von der man zurecht sagt, sie vereine in sich alles, was Italien ausmacht, definitiv eine Reise wert.
Ich hatte das Glück, kürzlich an einer Pressereise durch die unentdeckte Region teilnehmen zu dürfen, und bin seither begeistert. Denn die Marken sind eine Entdeckung. Nicht mondän, sondern authentisch. Nicht laut, sondern bescheiden. Nicht glamourös, sondern bodenständig. Mit anderen Worten: einfach spannend!
Residiert haben wir während unserer Reise im Grand Hotel Palace in Ancona, einem alten Palazzo, der unlängst renoviert wurde und einen tollen Blick auf den Hafen hat. Bis zum Stadtzentrum sind es nur wenige Minuten. Besitzer des Hotels ist übrigens die sehr erfolgreiche Winzer-Familie Bianchi-Bernetti, die als Umani Ronchi seit 1959 hochklassige Weine macht, die regelmäßig Preise abräumen.
Und in der Tat: Die Verkostung des Umani Ronchi Extra Brut war ein großartiger Auftakt für eine Reise voller kulinarischer Höhepunkte. Von Umani Ronchi ging es nämlich direkt zum renommierten Traditions-Weingut Moroder, das inmitten der eigenen Weinberge, unweit des prägenden Bergs Conero, liegt und das seit 2008 auch großartige Bio-Weine macht.
Der Vorzeige-Wein ist ihr Rosso Conero Dorico, für den nur die besten Montepulciano-Trauben verwendet werden.
Am nächsten Tag ging es an den wunderschönen Strand Urbani unterhalb der kleinen Ortschaft Sirolo, einer der bekanntesten Strände der Marken, der herrlich türkisfarbenes Wasser hat und über einen kleinen Fußweg zu erreichen ist. Steil ragen die Felsen und der Monte Conero über ihm auf; das ist ziemlich eindrucksvoll.
Wenn man vom Sonnenbaden genug hat, sollte man unbedingt ein Mittag- oder Abendessen im grandiosen Fischlokal “Da Silvio” einplanen (bitte reservieren!), in dem ich – ohne zu übertreiben – die zartesten Calamari meines Lebens und eine grandiose Meeresfrüchte-Pasta gegessen habe.
Nach einem denkwürdigen Mittagessen wandelten wir auf religiösen Pfaden direkt zum berühmten Pilgerort Loreto, wo das “Heilige Haus” steht, in dem die Jungfrau Maria geboren sein soll und wo sie auch die Verkündigung des Engels empfangen hat.
Nach dem Petersdom in Rom ist Loreto in der Region Marken der zweitwichtigste Wallfahrtsort Italiens, zu deren Kunstschätzen auch eine Schwarze Madonna gehört. Alles Dinge, die ich vorher nicht wusste…
Von Loreto lohnt sich ein Abstecher ins Landesinnere in die kleine Gemeinde Osimo, wo ihr ein Abendessen in der Tavernetta del Corso” einplanen solltet. Der unterkellerte Feinkostladen, in dem man Lonzino di Fico, eine köstliche Feigensalami, und Vinciscassi, eine Arme-Leute-Lasagne hergestellt mit Hühnerklein und Kalbshirn, serviert bekommt.
Die Slowfood affinen Besitzer haben es sich zum Ziel gesetzt, die Essenskultur der Marken zu bewahren (“Per noi è una forma d’ arte.”) und verkaufen in ihrem Geschäft sorgfältig ausgewählte Lebensmittel aus der Region.
Mit Kultur, in diesem Fall mit der reichen Geschichte der Marken, ging es am folgenden Tag weiter, als wir unter der Führung des sehr sympathischen und fachkundigen Führers Ilio Cuccù das mittelalterliche Dorf Petritoli in der Nähe der Stadt Fermo besichtigten, wo die Römer und Ritter des Tempelordens ihre enigmatischen Spuren hinterlassen haben.
Heute ist das 2.000 Einwohner-Dorf, das sogar über ein eigenes Theater und eine charmante Dorf-Druckerei verfügt, eine der beliebtesten Locations um zu heiraten. Aus aller Welt kommen sie hierher, um den Bund fürs Leben schließen und das ganze Dorf feiert gleich mit. Ist übrigens viel günstiger als anderswo in Italien.
Man muss in Petritoli nicht unbedingt heiraten, aber man sollte zwingend in der urigen Osteria delle Cornacchie einkehren, wo der sehr rührige Sergio Federici eine köstliche Cucina Casalinga serviert.
Auf der Speisekarte stehen also Gerichte wie Kutteln mit Bohnen oder handgemachte Pasta mit Sommertrüffeln – eine Offenbarung! Dazu wird ein Rosso Conero Hauswein gereicht, der so stark ist wie seine rote Farbe…
Großartige Weine produziert auch das noch kleine, aber feine Weingut Castrum Morisci, das seit 2011 wieder eine alte Tradition belebt, nämlich den Weinausbau in Terrakotta-Amphoren – einmalig in den Marken.
Gerade mal 13.000 Flaschen im Jahr produziert David im Jahr, darunter übrigens auch der für die Region typische Dessertwein Vino Cotto, in den nur handverlesene Reben kommen. Mit großen Ambitionen und viel Talent feilt der Jungwinzer an großartigen, fein nuancierten Weine wie dem reinsortigen Pecorino, die auch routinierte Weintrinker noch in Staunen versetzen dürfte.
Mit offenen Mündern haben wir am letzten Tag dieser Pressereise auch die berühmten Grotten von Frasassi besucht, den größten Tropfsteinhöhlen Europas, die ein paar junge Leute aus Ancona Anfang der 70er Jahre entdeckt hatten.
Allein schon der erste Teil der Grotte, die “Abisso Ancona”, benannt nach der Heimatstadt ihrer Entdecker, ist eine gigantische Höhle: 180 Meter lang, 120 Meter breit und 200 Meter hoch, in der die Stalagmiten teilweise 30 Meter in die Höhe ragen. Absolut faszinierend!
Mit solchen spektakulären Eindrücken im Gepäck fuhren wir nach vier Tagen Rundreise zurück nachhause. Die Marken sind für mich nun kein schwarzer Fleck mehr, sondern ein Geheimtipp für Italien-Liebhaber. Für mich ist klar, ich komme wieder!