Noch immer verbinden viele Leute E-Bikes mit der Vorstellung von gänzlich unsportlichen Radlern. Dass sich die neuen Bikes immer mehr in Richtung Competition bewegen, wollten zwei Jungs – Florian Vogel aus der Schweiz und Markus Schulte-Lünzum aus Deutschland – in einem unglaublichem Abenteuer beweisen. Auf der legendären Heckmair Route mit gut 13.000 Höhenmetern wollten sie auf den E-Mountainbikes Focus Raven² Pro die Alpen überqueren und zwar in 36 Stunden! Und das für eine Strecke, die normalerweise sieben Tage in Anspruch nimmt. Dass die zwei am Ende sogar nur 27 Stunden brauchten (trotz bis zu 40 cm Neuschnee auf den Bergen) spricht für den Kampfgeist und die Entschlossenheit der beiden Focus Team Fahrer.
Nach ihrer Ankunft in Riva del Garda hatte auch ich die Gelegenheit, diese neuen E-Mountainbikes, Focus Raven² Pro, auf Herz und Nieren zu testen. Im Stand erkennt man kaum den Antrieb und die Akku-Einheit – so perfekt sind diese in den Rahmen integriert.
Um das Gewicht des ganzen Rades möglichst gering zu halten, ist der komplette Rahmen aus Karbon. Das garantiert hohe Steifigkeit und Festigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht – so konnte das komplette Bike bei nur 13 kg gehalten werden. Damit wiegt das Raven² Pro nicht viel mehr als ein normales Mountainbike.
Ich will euch hier aber nicht mit technischen Details langweilen, nur soviel: Ausstattung und Bremsen sind Shimano XT, die 100 mm Vordergabel eine Fox Pro. Technik ist natürlich wichtig, aber was wirklich zählt, ist die Art und Weise, wie sich das Rad fährt.
Auf einer langen Tour in die Berge rund um Riva und Arco mit steilen Uphills und schwierigen Downhills sollte das Raven zeigen, was es drauf hat. Ich hatte ganz schön Bammel, untrainiert wie ich eben bin, aber schon bei der Anfahrt in die Berge zeigte das Rad, dass es sich bei ausgeschaltetem Antrieb genauso fährt wie jedes andere Highend Mountainbike.
Doch der Zusatzantrieb, den wir bei den ersten Steigungen ausprobierten, macht erst den Reiz des Bikes aus. Er lässt sich drei Stufen zuschalten: vom Eco Mode, der Strom spart bei langen Touren, bis hin zu Full Power, was einem die Kraft eines Profi-Bikers verleiht.
Erstaunlicherweise schaltet sich der E-Boost so unauffällig zu, dass man nach einiger Zeit glaubt, einen perfekten Tag erwischt zu haben und die elektrische Zusatzkraft völlig vergisst. Bei stärkster Stufe kann man auch an steilsten Rampen locker mit Weltcup Helden wie Mike Kluge, dem Chef von Focus Bikes, mithalten. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, dass dies auch den Akku schneller leer macht.
Aber der Spaß, die Berge gewissermaßen hoch zu “fliegen”, hat sich mir tief ins Gedächtnis gebrannt. Da werde ich sicher auf der nächsten “normalen” Biketour mit Bedauern daran denken. Immer wieder wird angemerkt, dass sich ein E-Bike zwar beim Uphill bewährt, beim Runterfahren jedoch starke Schwächen zeigt. Nicht so das Raven² Pro!
Obwohl die Trails oft sehr ausgesetzt waren, zeigte es kaum Schwächen in Bezug auf Spur-Stabilität beispielsweise. Kein Wunder: Auch beim Focus Raven² Pro wurde versucht, die schon bewährte Geometrie seiner mechanischen Brüder zu übernehmen. Gerade in den schwierigen, mit großen Steinen durchsetzten Passagen hätte ich mir zwar ein Enduro gewünscht, aber auch die Fox Pro Gabel mit ihren 100 mm Federweg bügelte fast alles weg; nur das Heck sprang manchmal, typisch für ein Hardtail, etwas wild durch die Gegend.
Einzig eine einziehbare Sattelstütze fände ich praktisch, damit einem in den Steilpassagen der Sattel nicht in den Magen schlägt. Laut Focus-Team soll diese aber optional erhältlich sein. Nach etlichen Höhenmetern rauf und runter endete schließlich unser Bike-Tag mit der persönlichen Erfahrung, dass E-Biken jetzt auch im sportlichen Bereich angekommen ist.
Vielen Dank an Mike Kluge und das Focus-Team für einen unvergesslichen Tag in einem der schönsten Bike-Reviere der Welt, dem Gardasee.